Franka Frei „Krötensex“ – Rezension

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Es ist wieder so weit, heute gibt es eine neue Rezension von mir! Es hat etwas gedauert, bis ich die richtigen Worte für dieses Buch gefunden hatte – doch heute kann ich es euch endlich vorstellen und von ganzem Herzen empfehlen! Es geht um den Roman „Krötensex“ von Franka Frei, der genau vor einem Monat veröffentlicht wurde. Ich kenne Franka Frei bereits durch ihr erstes Buch „Periode ist politisch“ und durch so manche Online-Lesung – und bin ein sehr großer Fan von ihr und ihrer Arbeit!

Worum geht es?

In „Krötensex“ geht es um die junge Frieda, die irgendwo zwischen Studium, Identitätssuche und Zukunftsängsten steht. Im ersten Teil des Buches ist Frieda in Amerika, einem kleinen Ort in Sachsen, in dem sie ein Semester lang studiert und im Studentenklub neue Bekanntschaften macht. Im zweiten Teil des Buches ist Frieda wieder in ihrer WG in Berlin und verbringt die Zeit zwischen Instagram, Tinder und Praktikum.

Wie ist es?

Kurz gesagt: es ist richtig gut! Ich habe von manchen gehört, denen das Buch zu viel war – anderen war es zu wenig – doch für mich war es genau richtig, und etwas Besonderes! Auch wenn ich nicht glaube, dass ältere Menschen, die nicht Teil dieser Generation sind, dieses Buch verstehen werden. Ich selbst habe mich am Anfang etwas schwergetan mit dem sächsischen Dialekt, doch je mehr man davon liest, desto unterhaltender ist er. Generell ist es so, je mehr man in dieses Buch abtaucht, desto mehr begeistert einen die Themenfülle! Der Roman ist so wunderbar vielfältig. Es geht nicht einfach nur um Freundschaft und Liebe (aber auch!), sondern um: Schönheitsideale, Leistungsdruck, Feminismus, Essstörungen, Menstruation, Veganismus, Zukunftsängste und Selbstzweifel, weibliche Ejakulation, Rechtsextremismus, Bodyshaming, Identitätssuche, völlige Planlosigkeit, Umweltschutz und vieles mehr.

Franka Freis Roman (inklusive aller Charaktere) ist nachdenklich und urkomisch. Vielfältig und bunt. Ernsthaft und lebendig. Und allen voran sehr inspirierend. Ich habe Protagonistin Frieda sehr schnell voll und ganz in mein Herz geschlossen. Und mir erschien sie nie als zu anstrengend, zu viel oder zu laut. Ganz im Gegenteil, sie schien mir stark, mutig, schlagfertig und bewundernswert. Ihre Geschichte kam mir manchmal gar nicht vor wie eine Geschichte aus einem Buch, sondern einfach wie die Erzählung einer Freundin. Und ich finde, das ist das Besondere an dem Roman. Es ist ein Buch, das Themen behandelt, die mich selbst genauso beschäftigen. Ein Buch, das mich im besten Sinne unterhalten und mich zum laut loslachen bringen konnte – aber gleichzeitig ernste Themen behandelt, über die noch zu oft Schweigen herrscht. Und allen voran: ein Buch, bei dem der feministische Grundgedanke nicht zu kurz kommt, sondern vollends ausgeschöpft wurde!

Mein Fazit

Dieses Buch zu lesen, lohnt sich wirklich sehr. Und auch wenn es manchmal als leichte, unterhaltende Lektüre abgestempelt wird – ich finde, es ist sehr viel mehr als das! Es beinhaltet so viele ernste, schwere und wichtige Themen und ist ein mehr als gelungenes Gesamtpaket ist. Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich bitte immer genau solche Romane lesen. Mit einer Geschichte, in der man versinken kann, einer ganzen Bandbreite an gesellschaftlich relevanten Themen und einer ordentlichen Portion Feminismus!

Ganz lieben Dank an das Bloggerportal, das mir dieses tolle Buch zur Verfügung gestellt hat!


Weitere Informationen

Titel: Krötensex

Autorin: Franka Frei

Verlag: Heyne Verlag

Erscheinungsdatum: 08.03.2021

Seiten: 448

Noch mehr Infos zum Buch oder zur Autorin und eine Leseprobe findet ihr hier auf der Verlagsseite.


Luna.

Amelie Fried „Die Spur des Schweigens“ – Rezension

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Hallo ihr Lieben! Heute kommt eine neue Rezension von mir, mit der ich mich sehr sehr schwergetan habe. Sie ist auch sehr lang geworden – dabei habe ich schon versucht, mich auf das Wichtigste zu beschränken. Es geht um das Buch „Die Spur des Schweigens“ von Amelie Fried, das erst einmal nach einem spannenden und vor allem unglaublich wichtigen Thema klang. Danke an Randomhouse für dieses Exemplar zum Testlesen!

Worum geht es?

Es geht um die Journalistin Julia, die von ihrem Chef einen neuen Auftrag bekommt: Sie soll über sexuelle Übergriffe an einem sehr bekannten Forschungsinstitut berichten. Das Buch begleitet ihre Recherche, die Interviews mit Mitarbeiter*innen des Instituts und ihre Erkenntnisse. Genauso wird auch ein Einblick in Julias Privatleben vermittelt. Es geht um ihren verschwundenen Bruder, ihre kranke Mutter, ihre zwei besten Freundinnen sowie ihre schnell wechselnden Partner.

Wie ist es?

Meine Leseentscheidung wurde maßgeblich vom Cover (das mir wirklich gefällt!) und vom inhaltlichen Themenschwerpunkt beeinflusst. Ich war sehr gespannt, wie dieses doch oft schwierige Thema von sexueller Übergriffigkeit und sexuellem Missbrauch in diesem Roman thematisiert wird. Und was soll ich sagen? Ich könnte kaum enttäuschter sein. In diesem Buch schwang so vieles mit, das einfach nur in jeder Hinsicht diskriminierend, toxisch und erschütternd ist – und mich unfassbar wütend gemacht hat.

Das Hauptproblem ist der Umgang der Protagonistin mit den sexuellen Grenzüberschreitungen. Ich denke, es ist gewollt, dass Julia zu Beginn kaum eine Ahnung oder ein Verständnis für Sexismus besitzt und dies sich im Laufe des Romans ein klein wenig bessert. Dieser Fortschritt, beziehungsweise diese Charakterentwicklung, ist aber kaum zu erkennen. Kommen wir zu Julias Einstellung am Anfang: Sie betont ganz deutlich, dass sie keine Feministin ist. Und sie findet „die Aufregung um anzügliche Sprüche oder Blicke“ übertrieben, da sich so Frauen selbst zu Opfern machen. (S. 58). Allein hier schwingt schon einiges mit, denn machen sich Frauen zu Opfern? Oder sind sie in dieser Situation vielleicht Opfer?

Julia spricht mit Frauen, die Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sind – und hat dabei so wenig Verständnis, dass es mir manchmal die Sprache verschlagen hat. Einerseits betont sie immer wieder, dass Frauen solche Übergriffe häufig erfinden, um sich an einem Man zu rächen oder diesem zu schädigen (S. 68). Gleichzeitig hat sie kein Verständnis dafür, dass die Betroffenen nicht sofort den Mund aufmachen und zu ihren Vorgesetzten oder der Polizei gehen (S. 59). Klar, weil es ja alles so einfach ist. Selbst im Gespräch mit den betroffenen Frauen schenkt sie diesen keinen Glauben: Vielleicht willst du dich nur wichtigmachen und ihm etwas anhängen (S. 195) und setzt diese Frauen extrem unter Druck: Wenn du nicht öffentlich aussagst, machst du dich mitschuldig und wirst zu seiner Komplizin (S. 284). Und auch nach einer „Befragung“ der Polizei à la „Was hattest du dabei an/Warst du betrunken/Hast du es vielleicht provoziert?“ nimmt Julia die Polizei in Schutz und behauptet, die betroffene Frau hätte etwas falsch interpretiert.

Doch dabei bleibt’s nicht. Leider enthält das Buch noch andere, unglaublich problematische Dinge. Hier kurz so manche Vorstellungen und Grundideen, die mir „Die Spur des Schweigens“ vermittelt hat:

1. Männlichkeit:

Richtige Jungs weinen nicht, wenn sie sich verletzen. Aperol Spritz ist übrigens unmännlich. Und ein „Schwanz ist das einzig Brauchbare an Männern“, haha. Aber Männer können auch richtig poetisch sein, denn so fragt sich einer: „Wofür hat er eine Freundin, wenn sie sich weigert, mit ihm zu schlafen?“ und das muss natürlich nicht weiter thematisiert werden. Ist klar.

2. Weiblichkeit:

Typischer Mädchenkram sind Turnen und Ballett, Diäten, sich vor Mäusen zu ekeln und das Shoppen zu lieben. Wie wahr und so ohne Klischees! Auch wird gefragt, für wen Frauen schön sein wollen? Doch nur für die Männer und um andere Frauen zu ärgern. (Das steht so wortwörtlich im Buch!!). Am krassesten auch dieser Satz: „Sie wird bestimmt nicht aus Versehen schwanger, dafür ist sie viel zu clever und ehrgeizig. Sie will etwas aus ihrem Leben machen.“ Denn NA KLAR, wer aus Versehen schwanger wird, kann natürlich nicht clever sein. Autsch.

3. Rassismus:

Dieses Buch ist so unglaublich rassistisch gegenüber Chines*innen. Es gibt platte „Witze“, es wird sich darüber lustig gemacht, dass natürlich alle Chinesen das R nicht aussprechen können und ach ja, wusstet ihr schon, dass chinesisches Essen nur „Affenhirn, Seegurke, Hund oder sonst etwas Ekliges“ ist? Außerdem gibt es ja schon so viele Chinesen, dass natürlich vollkommen gerechtfertigt die Angst besteht, dass es bald vielleicht nur noch Chinesen auf der Welt gibt.

Und die Moral aus der Geschichte

Bei diesem Satz musste ich das Buch für kurze Zeit zuschlagen: „Niemand sah so wenig nach einem Vergewaltiger aus wie dieser selbstsichere, braun gebrannte Schönling“. Denn klar, Vergewaltiger sehen alle gleich aus, deswegen ist es ja auch super easy, diese zu erkennen und sich vor diesen zu schützen. Ist klar. Schön ist auch, dass ein sexueller Übergriff, der der Protagonistin selbst passiert, nicht thematisiert oder angezeigt wird, denn für den gab es ja keine Beweise – also egal. Und die Geschichte endet damit, dass die Frauen, die Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sind und damit vor Gericht gegangen sind, alle meinten: Hätten sie vorher gewusst, was auf sie zukommt (Verhandlungen, Medien, Öffentlichkeit) hätten sie nie etwas gesagt. Das ist doch mal ein so richtig ermutigendes Ende. Danke dafür.

Mein Fazit

Da wollte wohl jemand noch schnell auf den Zug aufspringen und auch ihren Senf dazugeben. Ich muss leider sagen, dass mich dieses Buch auf allen Ebenen enttäuscht, wenn nicht sogar entsetzt hat – obwohl ich wirklich sehr in das Buch vertieft war und es in Kürze verschlungen habe. Vielleicht eignet es sich für Menschen, die noch nie von Sexismus oder Feminismus gehört haben, als allerersten Denkanstoß. Doch ich denke selbst für die, schwingt so vieles mit, das einfach mal absolut gar nicht geht. Diesmal eindeutig keine Leseempfehlung!


Weitere Informationen

Titel: Die Spur des Schweigens

Autorin: Amelie Fried

Verlag: Heyne Verlag

Erscheinungsdatum: 31.08.2020

Seiten: 496

Noch mehr Infos zum Buch oder zur Autorin und eine Leseprobe findet ihr hier auf der Verlagsseite.


Luna.