Bisexuelle Menschen existieren, wirklich.

Heute ist der 23.09.2020 und damit der Tag der Bisexualität. Das wusstet ihr wahrscheinlich nicht und wenn ich ehrlich bin, wusste ich das lange Zeit auch nicht. Ist halt auch nur ein Tag von 365, oder manchmal von 366 Tagen. Und was sollte da schon anders sein? Ich sag es euch: Ich möchte den heutigen Tag nutzen, euch etwas über Bisexualität zu erzählen. Denn ja: Bisexuelle Menschen existieren, wirklich.

Die Flagge der Bisexuellen

Bisexuelle Menschen existieren, wirklich. Und das auch, wenn du sie nicht siehst. Wenn du sie nicht in dem neuen Kinofilm siehst, nicht in deiner Lieblingsserie, nicht in diesem Buch, das du schon ewig lesen wolltest, und nicht in der Musik, die du im Radio hörst. Sie existieren wirklich, und das nicht nur auf dem CSD, nicht nur in Großstädten und nicht nur in dieser einen Kneipe, bei dir um die Ecke.

Bisexuelle Menschen existieren, auch wenn sie oft unsichtbar gemacht werden. Auch, wenn sie in ihrer eigenen Community auf Unverständnis und Ablehnung treffen. Auch wenn es von queeren Menschen heißt: „Ach, die sind ja nur zur Hälfte queer und zur anderen Hälfte hetero. Die gehören also nicht wirklich zu uns.“ So als wären bisexuelle Menschen 50 % hetero und 50 % homo. Aufgepasst: das sind sie nicht! Bisexuelle Menschen sind immer zu 100 % bisexuell, auch wenn sie sich zu einem Geschlecht mehr oder weniger hingezogen fühlen.

Bisexuelle Menschen existieren, auch wenn sie in der Gesellschaft auf Unverständnis, Ekel, Hass und Gewalt treffen. Auch wenn es von heterosexuellen Menschen heißt: „Ach, die sind eigentlich schwul/lesbisch, aber haben sich halt noch nicht ganz geoutet“ – so als wäre Bisexualität nur eine Zwischenstufe, nur ein Übergang oder nur eine Phase. Und ganz ehrlich: Für manche ist es vielleicht auch nur eine Phase. Und auch daran, ist absolut nichts verkehrt. Aber für die meisten ist es keine Phase, sondern die eigene Sexualität, ein Teil der eigenen Identität.

Bisexuelle Menschen sind also bisexuell. Klingt soweit verständlich. Und ein bisexueller Mann ist auch trotzdem weiterhin bisexuell, wenn er mit einem anderen Mann in einer Beziehung ist. Und ein bisexueller Mann ist auch weiterhin bisexuell, wenn er mit einer Frau in einer Beziehung ist. Eine bisexuelle Frau ist auch weiterhin bisexuell, wenn sie mit einer nicht binären Person in einer Beziehung ist. Und eine bisexuelle Frau ist auch weiterhin bisexuell, wenn sie mit niemanden in einer Beziehung ist.

Eine bisexuelle Person kann ihre Sexualität bereits vor vierzig Jahren oder vor zwei Tagen entdeckt haben. Eine bisexuelle Person kann 12 Jahre oder 80 Jahre alt sein. Eine bisexuelle Person kann ihr Leben lang nur gleichgeschlechtliche Beziehungen haben und trotzdem bi sein. Eine bisexuelle Person kann noch nie eine Beziehung gehabt haben und trotzdem bi sein. Eine bisexuelle Person kann in einer polygamen Beziehung sein. Eine bisexuelle Person kann bereits geoutet sein oder nicht. Eine bisexuelle Person kann auch trans*, nicht binär oder asexuell sein.

Es ist bei bisexuellen Menschen nicht wahrscheinlicher, dass sie in einer Beziehung betrügen und fremdgehen. Es ist bei bisexuellen Menschen nicht wahrscheinlicher, dass sie einen Dreier mit dir haben möchten. Und es ist bei bisexuellen Menschen nicht wahrscheinlicher, dass diese transphob sind. Denn ja, das bi in bisexuell steht für zwei – aber nicht zwingend für die zwei Geschlechter. Für mich und die bisexuellen Menschen, die ich kenne, bedeutet es: ich fühle mich 1. zum gleichen Geschlecht hingezogen und 2. zu anderen Geschlechtern.

Bisexuelle Menschen gibt’s überall. Bisexuell kann einer deiner Freunde sein, der sich nicht sicher fühlt, sich zu outen. Deine stille Arbeitskollegin, die nie etwas aus ihrem Privatleben erzählt. Die strenge Lehrerin deiner Kinder, der nervige Kassierer im Supermarkt oder der schlecht gelaunte Opa, der hinter dir beim Bäcker steht. Dein muskulöser Lieblingsfußballer, deine jüngere Cousine, die neue Bloggerin.

Das bin ich beim Hamburger CSD 2019

Ich sage es jetzt wirklich ein letztes Mal, aber: Bisexuelle Menschen existieren. Und das genauso in deiner Nachbarschaft wie auch irgendwo auf dieser riesigen Welt. Homophobie und Heteronormativität sind immer noch tief in unserer Gesellschaft verankert. Gewalt gegen homo- und bisexuelle, gegen trans* und inter* und nicht binäre Menschen passiert, und das tagtäglich.

Ich bin wütend. Und wenn du nicht wütend bist, dann verschließt du einfach die Augen vor dem, was auf der Welt abgeht. Ja, in Polen erklären sich immer mehr Städte zu LBGT-freien Zonen. In Russland steht es gesetzlich unter Strafe sich im Beisein von Minderjährigen positiv über Homosexualität zu äußern. Aber auch in Deutschland werden in der Öffentlichkeit und unter Jubelrufen Regenbogenflaggen zerrissen und Homosexuelle mit Kinderschändern gleichgesetzt.

Worum ich dich bitte, heute an diesem Tag der Bisexualität, ist: Bitte verschließe nicht deine Augen. Bitte schau nicht weg, sondern sieh hin. Hör zu. Informiere dich. Spende, wenn du kannst. Unterstütze Organisationen. Unterstütze Menschen. Zeig Solidarität. Zeig, dass du da bist. Denn bisexuelle Menschen existieren (okay, jetzt kam es doch nochmal). Aber bitte, sieh nicht weg – sondern sei wütend und sei laut. Und wenn du selbst bisexuell bist, dann kannst du verdammt nochmal stolz darauf sein. Lass dir nie etwas anderes einreden.


Luna.

Wer hat Interesse an einem Buchclub?

Wie ihr vielleicht schon mitbekommen habt, habe ich mir in letzter Zeit schon oft Gedanken darüber gemacht, einen kleinen Buchclub zu gründen. Ich finde die Idee super schön, andere Blogger*innen noch besser kennen zulernen und mich mit ihnen auf entspannte, aber intensive Weise über bestimmte Literatur auszutauschen und dabei vielleicht noch ein oder andere zu lernen.

Bisher ist noch nichts Organisatorisches festgelegt, bis auf dass die „Treffen“ digital stattfinden“. In welcher Art und Weise, wie oft und wann genau ist noch unklar. Am schönsten würde ich es finden, wenn der Buchclub das alles gemeinsam diskutiert und entscheidet. Genauso sollen natürlich die gelesenen Werke von allen zusammen entschieden werden. Ich würde mir wünschen den Fokus auf feministische Literatur zu legen, allerdings bin ich natürlich auch offen für anderes. Grob gesagt kann es um alles gehen (ganz gleich, ob Biographie, Gedichtband oder Bilderbuch). Schön wäre ein Fokus auf:

  • Feministische Romane oder feministische erzählende Sachbücher
  • „Politische“ Literatur/ Literatur, die sich mit Themen (wie Rassismus, Sexismus, Homophobie oder Ähnlichem) kritisch auseinandersetzt
  • Queere/LGBTQ+ Romane
  • Nicht-westliche Literatur, beispielsweise auch mal häufiger bewusst asiatische Literatur oder Werke von afrikanischen Autor*innen lesen
  • oder was sonst gewünscht wird!

Falls euch diese Themen ansprechen und ihr generell Lust habt, bei einem Buchclub mitzumachen – meldet euch sehr gerne bei mir! Ich würde es schön finden, wenn nicht mehr als zehn Personen in dem Buchclub sind (einfach damit jede*r untereinander weiß, wer dabei ist und sodass auch wirklich jede*r zu Wort kommt). Bisher sind diese drei lieben Personen interessiert:

Alina von Nachtwandlerin

Helen von helenschreibt

und Lotti von Lesen aus Liebe

Ihr könnt euch den Gedanken ja durch den Kopf gehen lassen. Genießt erst einmal ausgiebig den Sommer und kein Stress: Der Buchclub wird auf keinen Fall vor September gegründet oder starten. Natürlich könnt ihr aber auch zu einem späteren Zeitpunkt beitreten. Ich wünsche euch eine schöne Woche und würde mich sehr über weitere interessierte Mitmenschen (und einen kurzen, knackigen Namen für diesen Buchclub) freuen!


Luna.

Ich bin wütend.

Hey ihr Lieben. Eigentlich war ich gerade dabei einen kleinen Blog-Beitrag über Marsha P. Johnson zu schreiben, über sie als Person und als Aktivistin in der LGBTQ+-Szene. Die Schwarze Trans*-Aktivistin wurde heute anlässlich des letzten Tags des Pride-Monats Juni nämlich von Google mit einem Doodle geehrt. Vielleicht habt ihr das mitbekommen. Doch statt einem schönen kleinen Beitrag, gibt es jetzt ein wütendes Gedanken-Loswerden, was ich selbst schade finde.

Nach einem kurzen Aufruf der englischen Wikipedia-Seite war ich (wieder einmal) einfach nur geschockt. Klar, jede*r kann Wikipedia-Einträge verändern und reinschreiben, was immer er oder sie möchte – das ist mir klar, aber so etwas ist einfach nur verletzend. Ich möchte nicht ins Detail gehen, was einem auf der Seite entgegen schlägt – es sind riesige Bilder mit (verstümmelten?) Genitalien. Ich habe sofort den Browser geschlossen und möchte die Seite nicht noch einmal öffnen. (Ich würde es auch niemanden empfehlen, das zu tun!) Vielleicht ist es auch schon wieder geändert, ich weiß es nicht. Aber so etwas überhaupt zu machen, an einem Tag, an dem wahrscheinlich so viele Menschen wie noch nie, die Seite aufrufen – das ist krass und respektlos und unfair.

Die Sache ist die, ich bin verärgert, aufgewühlt und wütend. Ich kann jetzt nicht darüberschreiben, wie schön und wichtig es ist, dass Google das Doodle zu Ehren von Marsha gemacht hat oder dass sie mehr als eine halbe Million US-Dollar an Projekte für Schwarze Trans* Frauen gespendet haben. Manchmal fällt es mir schwer, mich trotz so positiver Entwicklungen (heute vor drei Jahren wurde die Ehe für Alle in Deutschland beschlossen!) nicht in den negativen Momenten zu verrennen.

Am Wochenende war ich in Berlin und habe das Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen besucht. Das ist ein großer Kasten, in dessen Inneren ein Film mit verschiedenen queeren Liebesszenen gezeigt wird. Diese kann man durch ein Fenster sehen. Doch dieses ist (wieder einmal) beschädigt worden, es wurde wohl mit Glasflaschen eingeschlagen. Ein Denkmal, das daran erinnert, dass Tausende von Menschen aufgrund ihrer Homosexualität verfolgt, verurteilt, in Konzentrationslager verschleppt, missbraucht und ermordet wurden. Und dann kommt da jemand, ohne jegliche Toleranz, ohne Akzeptanz oder Verständnis und mit nicht mal einem letzten Funken Respekt und versucht, das Denkmal zu zerstören. Sowas will einfach nicht in meinen Kopf gehen. Und das war übrigens nicht das erste Mal. Allein im letzten Jahr gab es neben dem 14.06.20 auch den 09.09.19, 04.08.19, 18.08.19, 09.06.19 und 30.06.19. an denen das Denkmal beschädigt, zerkratzt und mit Farbe beschmiert wurde – trotz Überwachungskamera.

Ich bin wütend und ich bin müde. Ich würde gerne mehr zu queeren Themen bloggen; will versuchen, andere Menschen aufzuwecken und aufzuklären; möchte Visibility zeigen und eine Perspektive bieten; andere Menschen dazu ermutigen, selbst etwas zum Thema beizutragen und so vieles mehr. Gerade in Zeiten, in denen in der Gesellschaft und in den Medien so viel Homo- Bi- und Trans*phobie herrscht. Gerade in solchen Zeiten ist es natürlich besonders wichtig, dem Ganzen eine Gegenstimme zu geben. Aber manchmal kann man eben nichts anderes machen, als einfach seine Wut herauszulassen.


luna.